Dramatische Privatverschuldung: Platzt Norwegens Häuserblase?

Norwegen galt bislang als einer der stabilsten Anker unter den Staaten Europas. Nach Aussage des Chefs der nationalen Finanzmarktaufsichtsbehörde FSA wachsen die Ungleichgewichte an den Kredit- und Immobilienmärkten des Landes jedoch auch weiterhin unaufhaltsam. Hauptgrund sei, dass sich viele Norweger in den vergangenen Jahren zu hoch verschuldet haben, was im Angesicht einer Überhitzung an den Häusermärkten schon bald zu einer landesweiten Krise führen dürfte. Die private Verschuldung hat neue Rekordwerte erreicht und liegt heute bei 204% der verfügbaren Einkommen.
Ein kräftiger Bums an Norwegens Häusermärkten wird nicht mehr lange auf sich warten lassen
Die Wachstumsrate im Sektor der Verschuldung der privaten Haushalte und die Entwicklung der nationalen Häuserpreise befinden sich laut Aussage von Morten Baltzersen, Generaldirektor der Finanzmarktaufsichtsbehörde in der Hauptstadt Oslo, schon lange nicht mehr auf einem nachhaltigen Pfad. Je länger diese Entwicklung anhielte, desto größer würden die Risiken für zukünftig nur schwer auszugleichende Ungleichgewichte in Norwegens Wirtschaft. Norwegens Kredit- und Immobilienmärkte zeigen weiterhin Anzeichen einer starken Überhitzung. Diese Situation gilt selbst fünf Monate, nachdem die Aufsichtsbehörde die Banken des Landes dazu aufforderte, ihre Kreditvergabepraktiken zu verschärfen. Laut des amerikanischen Ökonomen Robert Shiller, Co-Gründer des S&P Case-Shiller Hauspreisindexes, befindet sich Norwegen auf dem Weg zum einem Platzen seiner nationalen Häuserblase, während der IWF unter Bezugnahme auf Bloomberg News Anfang Februar vor wachsenden Risiken an Norwegens Immobilien- und Kreditmärkten warnte. Baltzersen fügte hinzu, dass die steil zulegende Verschuldung der privaten Haushalte und die anhaltend steigenden Häuserpreise gute Gründe für eine zunehmende Besorgnis seien. Beide Indikatoren hätten Rekordniveaus erreicht, während die Verschuldung auch weiterhin schneller wachse als die Einkommen.

Laut Schätzungen der norwegischen Zentralbank wird die private Verschuldung in diesem Jahr auf über 204% der verfügbaren Einkommen klettern. Dieses Verhältnis steht im Vergleich mit etwas über 150% gegen Ende der 1980iger Jahre, kurz bevor die letzte Immobilienblase in Norwegen platzte, woraufhin die durchschnittlichen Hauspreise um 40% abstürzten. Die heutige Situation sei laut Baltzersen allerdings nicht mit damals vergleichbar. Gegen Ende der 1980iger Jahre sei es im Zuge der Deregulierung des Bankensektors zu zwei bis drei aufeinander folgenden Jahren eines exzessiven Schuldenwachstums gekommen. Diese Entwicklung habe zu einem extremen Boom an den Immobilienmärkten und einem sich anschließenden Kollaps der Preise geführt. Damals habe diese Situation eine Rezession und eine sich anschließende Bankenkrise in den frühen 1990iger Jahren ausgelöst. Die FSA hatte ihre Empfehlung an die heimischen Banken zu einer Verschärfung der Kreditvergabepraktiken im Dezember 2011 in eine offizielle Anweisung umgewandelt. Weitere drastische Maßnahmen sollen schon bald folgen.
Im September 2013 wird die Regierung Norwegens neu gewählt. Der in 2009 wieder gewählte Premierminister Jens Stoltenberg weitete das norwegische Sozialsystem in den letzten vier Jahren drastisch aus. Norwegens Häuserpreise kletterten laut Angaben von Norges Eiendomsmeglerforbund (Link führt zu einer Übersicht der Preisentwicklung an den Häusermärkten des Landes seit Mitte der 1980iger Jahre), dem nationalen Verband der Immobilienmakler, allein im Monat Januar um 8,4%, während das Wachstum im Sektor der privaten Verschuldung bei mehr als 7% notierte. Laut Baltzersen wachse die Verschuldung der privaten Haushalte etwa um drei Prozentpunkte schneller als die Einkommen. Norwegens Finanzminister Sigbjoern Johnsen warnte die Bürger seines Landes in diesem Monat davor, auf einen Rückgang der nationalen Immobilienpreise vorbereitet zu sein. Positiv ist, dass Norwegens Regierung über den höchsten Budgetüberschuss unter allen Staaten Europas verfügt. Diese Entwicklung verdankt das Land vor allem seinen Öleinnahmen, die in einem eigens gegründeten Staatsfonds verwaltet werden, der momentan mit Finanzmitteln in Höhe von $560 Milliarden ausgestattet ist. Trotz allem sind die Kurse der norwegischen Staatsanleihen nach den allseits ausgesprochenen Warnungen vor dem Platzen einer Immobilienblase im vergangenen Monat gesunken. Die Rendite auf Norwegens 10-jährige Staatsanleihen kletterte bis Ende der letzten Woche auf 2,41% im Vergleich mit 1,82% Mitte Januar.